Donnerstag, 2. Januar 2014

DEUTSCHLAND: HEUTE / MORGEN

Ist es an der Zeit Deutschlands Identität neu zu diskutieren?

Ich habe den Eindruck, dass in wirtschaftspolitischen Fragen unabhängig von der globalen Siuation (Finazkrise, Eurokrise) tradierte Haltungen der Elterngeneration konträr zu denen der Kindergeneration stehen und sich ein Kampf um die Zukunft anbahnt.

Natürlich standen sich Eltern und deren Kinder in Ihren Haltungen schon immer nicht durchweg freundschaftlich gegenüber. Der Unterschied zeigt sich heute aber in der Härte der Auseinandersetzung und häufig in der strikten und konsequenten Verweigerung der alten Lebensweisen.

Wie sonst ist es zu erklären, dass die Bundeswehr, die Geheimdienste, Rüstungsunternehmen, die Polizei und andere Bereiche unserer Gesellschaft deren Handlungsweisen es eventuell zu hinterfragen gäbe, massive Probleme haben, schlauen Nachwuchs zu rekrutieren und entgegengesetzt dazu nachhaltige, faire, ökologische und partizipatorische Konzepte der Lebensgestaltung und des Wirtschaftens boomen wie nie.

Der Top-Ingenieur mit Stipendium interessiert sich heute ausgewiesenermaßen eher für letztgenannte Bereiche und wird - aufgrund seiner Gewissensentscheidung und weil er die Wahlfreiheit besitzt, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in erstgenannten Bereichen anheuern.

Diese Tendenz geht sogar noch weiter:

Kürzlich traf ich einen jungen Ingenieur der Fahrzeugtechnik, welchen man wohl als High Potential bezeichnen kann.

In einem unverfänglichen Gespräch über dies und das weigerte er sich erst, in loser Runde seinen Arbeitgeber zu nennen. Nach Einsatz einiger Überredungskunst, rückte er schlussendlich damit raus, dass er an Antrieben für Fahrzeuge von Audi - vornehmlich derer der Q-Serie - arbeitet. Gerade weil er so hochintelligent ist, hat er - bezüglich seiner Arbeit - einen großen Gewissenskonflikt mit sich selbst auszutragen. Sein Dilemma: Sein Job ist technisch anspruchsvoll und im Grunde das was er sucht aber ökologisch rückwärtsgewandt. Falls nun gemutmaßt wird, dass es sich dabei um eine Runde grüner Fundamentalisten gehandelt hat, kann ich sagen, dass dem nicht so war.

Natürlich ist dieses Beispiel heute noch nicht allgemeingültig. Noch vor 5 Jahren wäre eine solche Stellung allerdings mit Sicherheit auch für angesprochenen Ingenieur ausschließlich mit großem Stolz und nicht mit Zweifeln verbunden gewesen. Schließlich handelt es sich hier um das das Premiumprodukt der Fahrzeugtechnologie im Hause Audi.

Natürlich wurde der Grundstein zu dieser Entwicklung in den 70ern bzw. 80ern gelegt. Heute haben Konzepte zu nachhaltigem, verantwortungsvollen Wirtschaften aber wie selbstverständlich Einzug in unsere urbane Lebensräume gefunden, was zu kritischer Auseinandersetzung mit unseren Gewohnheiten und Werten führt

Der Schlagabtausch zu Themen wie Nachhaltigkeit, ethischer und sozialer Verantwortung und zugehöriger Themen wird sich noch immens verschärfen auch weil Widersprüche die sich aus unserer Lebensweise ergeben immer deutlicher Zutage treten. Sofern es die wirtschaftliche Situation weiter zulässt, kann man also annehmen, dass die Gruppe der hochintelligenten sich zunehmend gegen die Argumente der Eltern stellen wird und für eine andere Lebensweise eintreten wird.

Vergleicht man die Tendenzen der führenden Wirtschaftsnationen, wird deutlich, dass dieses "neue" Bewusstsein in Deutschland besonders ausgeprägt ist. Man könnte diese Tendenz also als Standortvorteil werten, wenn man diesen nutzbar machen wollte.

Da die Generation der High-Potentials und des Mittelstands die eigene Haltung (sofern sie sich dieser angenommen haben) nicht als Job betrachtet, sondern als Lebensmodell, welches es zu entwickeln gilt, schätze ich das Potential für Innovation in dieser Schicht und die Resistenz sich in das Modell eingreifen zu lassen als überproportional hoch ein. Leider wird dieses Potential derzeit polititsch wie wirtschaftlich nur unzureichend gefördert und oft sogar ausgebremst anstatt es freizusetzen.

Aufgrund fehlender Teilhabemöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten und einer gefühlten Ohnmacht gegenüber den Verhältnissen sinkt auch die Identifikation mit Deutschland als Staat und die Bereitschaft zur konstruktiven Teilhabe in dieser wichtigen Gruppe von Innovationsträgern dramatisch.

Da aber genau die Teilhabe der High-Potentials an der erfolgreichen Gestaltung der Zukunft für dieses Land unerlässlich ist, stellt sich mir die Frage der Notwendigkeit einer öffentlichen Diskussion ob der Indentität Deutschlands - heute wie in Zukunft.